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Schenk Dir das schlechte Gewissen!

Weil ich es mir wert bin? Papperlapapp! Kürzlich habe ich mal meine "sorrys" gezählt, die ich an einem hundsgewöhnlichen Tag von mir gebe. Bei 30 habe ich aufgehört zu zählen. Frauen sagen "SORRY", bevor sie etwas sagen. Frauen sagen "SORRY", wenn sie etwas haben wollen und sogar dann, wenn sie im Tram angerempelt werden. Sorry. Überall Sorry. Mag sein, dass es eine sprachliche Unart ist, aber unsere Sprache hängt eng mit unserem Denken und unserem Handeln zusammen. Sich zu entschuldigen, zu hintersinnen und mit einem schlechten Gewissen durch den Tag zu gehen, scheint uns angeboren. Doch woher kommt dieses tief verankerte Gefühl, es immer recht machen zu müssen? Und warum scheinen wir Frauen viel stärker darunter zu leiden, als Männer? Meine persönliche Theorie setzt sich aus instinktiven Programmen zusammen, welche die Evolution unbeschadet überstanden haben und aus Rollenbildern, die unbewusst in der Kindheit geprägt werden. "Sorting for others" ist der Grund, warum die meisten Frauen auch mit drei schreienden Kleinkindern nicht in die Wüste Nevadas flüchten. Sich um andere kümmern ist ein unglaublich wertvoller Zug, der uns das Leben aber ebenso unglaublich schwer machen kann. Der Wert "von anderen geliebt zu werden" wird nämlich schnell einmal wichtiger, als der Wert, es sich selber recht zu machen. Und so finden wir uns tagtäglich in Situationen wieder, in denen wir es anderen, anstatt uns selber recht machen. Sich bewusst werden über beschränkende Glaubenssätze und eigene Ziele und Werte ernst nehmen heisst die Lösung. Es ist Zeit, dass wir aufstehen und laut und deutlich "Sicher nöd SORRY!" sagen. Hinstehen für seine Bedürfnisse und sein eigenes Wertesystem mal über das der anderen stellen. Sich selber am nächsten stehen und den Raum verteidigen, der einem eigentlich zusteht.

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