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Guten Tag Frau Freitag. Ich bin eine geschiedene Mutter von zwei Kindern (5, 9) und ich frage mich, ob der Spagat zwischen einem neuen Mann und meiner Aufgabe als Mutter gelingen kann. Was kann ich von einem neuen Partner erwarten und was er von mir? Wann ist es sinnvoll, die beiden Parteien einander vorzustellen oder ist es überhaupt besser, ein Doppelleben zu führen? Susanna, 41

Liebe Susanna

Besten Dank für Ihre Frage. Ich hatte ja schon fast ein bisschen Sorge, zur Sperma-Expertin zu avancieren und bin darum heilfroh, eine Frage postkoitaler Natur beantworten zu dürfen.

Grundsätzlich bin ich ja gegen jede Art des Doppellebens, speziell dann, wenn es um Kinder geht. Ich habe mich jüngst über das angeblich moderne und fortschrittliche Nestmodell geäussert und mich dabei regelrecht in Rage geschrieben, so geärgert habe ich mich darüber. Aber natürlich weiss ich nur zu gut, dass es keine einfache Frage ist, die Sie mir da stellen. Und es wird wohl leider auch keine allgemeingültige Antwort darauf geben. Meine Erfahrung zeigt, dass man betreffend dem Zeitpunkt der Zusammenführung gut auf sich selber hören muss, weil es den Erfolg der Aktion sehr beeinflusst, wie man sich selbst dabei fühlt. Grundsätzlich ist es sicher entspannter, wenn man sich zusammen irgendwo trifft und etwas gemeinsam unternimmt, als wenn man den neuen Mann Zuhause am Küchentisch "vorführt". Und Sie müssen Ihren Kindern auch nicht von Anfang an detailliert erzählen, dass Sie mit dieser Person Bett und Tisch teilen möchten, in nächster Zukunft. Es reicht vollkommen, wenn die beiden wissen, dass das jemand ist, den Sie mögen. Ihre Kinder werden schliesslich auch ein paar Freunde haben und darum verstehen, dass Sie sich ab und an gemeinsam treffen.

Wann der perfekte Zeitpunkt ist, ist wie gesagt, schwer zu definieren. Vermutlich gibt es ihn gar nicht und darum ist es auch nicht vonnöten, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Viele mögen Ihnen raten, damit zuzuwarten, solange es geht. Aber ich sehe das ein bisschen anders. Ein frühes Treffen gibt Ihnen ein Bauchgefühl darüber, ob es passen könnte, oder nicht. Was nun aber nicht heissen soll, dass Sie die Liebe in den Wind schiessen sollten, nur weil der erste Anlauf nicht in den siebten Himmel geführt hat.

Patchworkfamilien gelten heutzutage als modern und wenn man den Hochglanzbildern in Elternmagazinen Glauben schenkt, könnte man meinen, sie seien ein Segen für die Menschheit. Aber das ist natürlich Stuss. Sie sind vor allem eines: nämlich verdammt harte Arbeit. Dieses Familienmodell braucht von allen Seiten ein grosses Commitment und wenn der Mann selber keine Kinder hat, dann kann das Verständnis für die Ihren eventuell nicht von Anbeginn vorhanden sein. Das Gefüge einer Liebesbeziehung wird durch Kinder massiv beeinflusst, das haben Sie ja vermutlich am eigenen Leib erfahren. Wenn nun ein neuer Partner zum bestehenden Setup dazukommt, dann geht es zum einen um Revierkämpfe und zum anderen um viel gegenseitige Akzeptanz. Dass die Rolle zwischen dem Vater der Kinder und Ihrem neuen Freund auch eine grosse Rolle spielt, können Sie sich denken. Wenn es den beiden gelingt, sich freundschaftlich zu verhalten, dann machen sie es Ihren Kindern bedeutend einfacher. Oftmals leiden Kinder nämlich unter einem Loyalitätskonflikt, wenn ein neuer Mann oder eine neue Frau ins Spiel kommt. Darum lohnt es sich alleweil, sich in Anstand und Würde zu trennen. (Mehr darüber hier.)

Wenn Ihr Freund mit der Erwartung kommt, dass er von den Kindern mit offenen Armen empfangen und sofort als neuer Hausherr akzeptiert wird, dann wird er mit grosser Sicherheit enttäuscht werden. Wenn er allerdings die Kinder nur als Ihr Beigemüse ansieht und sich nicht weiter auf sie einlässt, dann wirds für mehr als einen kurzen Flirt nicht reichen. Kinder nehmen nun mal einen verdammt grossen Platz im Leben einer Mutter ein und darum kann es fast nur funktionieren, wenn der neue Mann auf Ihre Kinder abfährt.

Natürlich können Sie auch mit einem Mann eine Beziehung führen, dem es nur um Sie, und nicht um Ihre Kinder geht. Ich habe es auch getan und über längere Zeit sogar gedacht, man könne als Frau, respektive als Mutter nicht mehr erwarten. Aber ich habe mich geirrt! Frau darf, sie muss sogar! Im Gegenzug muss sie gegenüber Ihren Kindern eine klare Stellung beziehen und darf keinen Zweifel daran lassen, dass der neue Partner Teil der Familie ist. Falls es dazu kommen sollte, dass Ihr alle unter einem Dach zu wohnen kommt, ist es wichtig, dass er auch befugnisberechtigt ist. Ansonsten bleibt er immer ein Nebendarsteller ohne Sprechrolle und damit wird sich kein Mann über längere Zeit zufrieden geben.

Wenn es Ihnen ernst ist mit dem Mann und dem Mann mit Ihnen,  dann gehen Sie aufs Ganze und lassen Sie sich ja nicht von Ihren Kindern ihr Liebesglück verderben! Kinder sind geborene Egoisten und haben ein grosses Talent, die ganze Aufmerksamkeit der Mütter auf sich zu lenken. Das liegt in der Natur der Sache und ist bestimmt auch richtig so. Aber kein Kind wird es Ihnen später danken, dass Sie ihm zuliebe auf Liebe und Sex verzichtet haben. Im Gegenteil. Spätestens dann, wenn eins Ihrer Kinder sich selber verliebt wird der eigene Verzicht schmerzhaft sichtbar.

In diesem Sinne: Alles Liebe! Ihre Kafi.

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